Suchbewegungen zum "juristischen Preppen"

Im Austausch mit den Kolleginnen, die auf dem Kollaps-Camp im August 2025 eine Session angeboten hatten ("Better safe than sorry - Rechtsfragen im Kollaps"), hier ein paar vorläufige Thesen für die juristische "Prepping"-Arbeit angesichts absehbarer Kollapserscheinungen:

Was macht kollapsbewusste und kollapsehrliche anwaltliche Arbeit aus, die solidarische Krisenvorsorge und Kollapspolitik fördert?

  1. "Hinschauen", d.h. informiert sein über wesentliche Kollapserscheinungen, insbesondere Wissen und wissenschaftlich fundierte Prognosen zum bereits stattfindenden Klimawandel
  2. "Tell the truth": Beschönigenden Einschätzungen nicht zustimmen und bewusst mit Impulsen der "Abwehr" umgehen (im Mandatsverhältnis besonders herausfordernd); in langfristigen rechtlichen und rechtspolitischen Einschätzungen Grundannahmen für ein "Weiter so" hinterfragen
  3. Im Angesicht von Kollapserscheinungen autoritären Krisenreaktionen entgegentreten, mit denen erkämpfte Freiheitsrechte und soziale Rechte beschnitten werden
  4. Resiliente Organisations- und Wirtschaftsformen auch rechtlich gestalten und absichern und Strömungen einer "Postkollapsökonomie" juristisch unterstützen
  5. Auch in Rechtsberatung und Rechtspolitik sind emotionale Resonanzräume und Erlebnisse von Verbundenheit wichtig: Für viele Menschen ist es überwältigend, sich dem Schmerz über kollabierende Ökosysteme, Landschaften und kollapsbegleitenden Gewalterfahrungen allein und unvorbereitet zu stellen

Kollapsbewusste und kollapsehrliche juristische Arbeit wird uns vermutlich zu neuen rechtlichen Formen führen. Inhaltlich werden vermutlich z.B. Katastrophenschutzrecht, verfassungsrechtliche Ausnahme- und Notstandsregelungen (s. zuletzt die Veränderungen von Art. 109 Abs. 3 GG) und (rechtliche) Gestaltungen von dezentraler lokaler Daseinsvorsorge und selbstorganisierten Subsistenznetzen eine wichtige Rolle spielen.

Empfehlungen / Referenzen

zu 1. (Wissen und Prognosen über Klimawandel):
- Luke Kemp et al.: "Climate Endgame: Exploring Catastrophic Climate Change Scenarios“, in: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) 119, 34 (2022) = eine frühe gute Einführung führender Wissenschaftler*innen mit Plädoyer, sich auf Worst-Case-Szenarien vorzubereiten, die als „Climate Endgame“ bezeichnet werden (deutsche Übersetzung im Sammelband „Klima, Kollaps, Kommunikation“ (2024) hier frei verfügbar)

zu 3.
- grundlegend Arne Semsrott: "Machtübernahme" (2024) zu "demokratischem Prepping"

zu 4.
- grundlegend für (kollaps)resiliente Wirtschaftsformen die strömungsübergreifenden Formulierungen des Netzwerk Ökonomischer Wandel (sog. "drei Wege", siehe hier)
- Andrea Vetter & Matthias Fersterer: "(Post-)Kollaps und gutes Leben für alle" (2024, hier frei verfügbar) = instruktive Erzählung zu Nachdenken über und Formen von "Postkollapsökonomie" in Deutschland

zu solidarischer Kollapspolitik:
- grundlegend Tadzio Müller: "Zwischen friedlicher Sabotage und Kollaps. Wie ich lernte, die Zukunft wieder zu lieben" (2024), weitere Text im Blog
- Scully: "Zur Eigenständigkeit von Klimabewegung und Kollapsbewegung" = Blogbeitrag vom Oktober 2025 hier)